Abitur und obdachlos?
Das Saarhome gibt jungen Erwachsenen nach dem Waisenhaus die Chance, ihre Zukunft selbst zu gestalten.
Statistiken zeigen: Junge Menschen in Europa lassen sich mit dem Auszug aus dem Elternhaus Zeit. Oft werden erst mit Mitte Zwanzig die Koffer gepackt und das Kinder- und Jugendzimmer gegen eigene vier Wände eingetauscht. Warum auch ausziehen? „Hotel Mama“ bietet genau die Geborgenheit und Sicherheit, die gebraucht wird, um die ersten Schritte in Schule und Beruf zu gehen. Ein Luxus, den sich jugendliche Waisen weltweit wünschen würden. Denn sobald sie ihren 18 Geburtstag gefeiert und den Schulabschluss in der Tasche haben, müssen sie aus die Kinderheime verlassen und verlieren ihre Heimat, ihre Familie und ihre Sicherheit.
Eine kleine Geschichte aus Südafrika und eine Idee für eine bessere Welt:
Bei Clouds of Hope, einem Waisenheimprojekt im südafrikanischen Underberg, leben rund 80 Waisenkinder vom Säuglingsalter bis zum Abiturienten. Genauso wie tausende andere Kinder auf der Welt haben sie ihre Eltern zumeist durch Aids oder Gewalt verloren. Bei Clouds of Hope wachsen sie betreut von einer Hausmutter, zusammen mit anderen Kindern, in Familienverbänden auf und gehen zur örtlichen Schule. Clouds ist ihre Heimat, ihre Chance auf Zukunft. Jedoch: Wie alle Waisenhäuser ist auch Clouds of Hope ein Zuhause auf Zeit.
Den notwendigen Auszug aus dem Kinderheim mit 18 Jahren verkraften viele Jugendliche nicht. Oft gehen sie zu ihrem Ursprung zurück – in die Townships. Dorthin, wo sie schnell wieder in alte Muster fallen mit Gewalt, Drogen, Prostitution und Krankheiten. Aus Verzweiflung über den Verlust ihres Zuhauses haben sich vor vier Jahren zwei junge Frauen, die bei Clouds aufgewachsen waren, das Leben genommen. Ein schreckliches Ereignis und gleichzeitig die Initialzündung für eine zukunftsweisende Idee.
Das Saarhome-Projekt des be your own hero e.V., gibt den Jugendlichen von Clouds of Hope ein betreutes Zuhause auch nach der Schule. Die jungen Menschen können ihre Ausbildung oder ein Studium absolvieren, finden aber nach wie vor einen Rückzugsort und Familienanschluss. Von ihren Hauseltern lernen sie darüber hinaus einen Haushalt zu führen, Geld zu verwalten und sich selbst zu versorgen. Zudem übernehmen die jungen Frauen und Männer Aufgaben und Verantwortung für das ganze Projekt. Und sie sind die Mentoren der jüngeren Kinder und geben auf diese Weise wieder etwas zurück. Auf diese Weise werden die Jugendlichen auf ein eigenverantwortliches Leben vorbereitet. Nur wer es schafft, kann künftig helfen, strukturelle Probleme der Region und des Landes zu bewältigen.
Das Saarhome löst damit auf praktische und nachhaltige Weise ein Problem, das weltweit bekannt ist. Noch allzu oft gehen Spendengelder aus Hilfsorganisationen ausschließlich an Kinderhilfsprojekte, junge Erwachsene werden oft vergessen. Wenn wir jedoch unsere Spendengelder jedoch nachhaltig einsetzen wollen, müssen wir umdenken. Förderung und Fürsorge darf nicht mit gleich nach der Schule aufhören. Jugendliche fit für die Zukunft machen und ihnen die Chancen und vor allem die Strukturen zu geben, ihren eigenen Weg zu gehen – das ist der Schlüssel zum Erfolg. Und erst wenn diese Generation es geschafft hat, die Muster ihrer Elterngeneration zu durchbrechen, kann sie wiederum gesellschaftliche Verantwortung und Aufgaben übernehmen. Erst dann kommt das Engagement der Organisationen langfristig zum Tragen. Und erst dann haben wir die Welt ein Stück verbessert. Eine Aufgabe, die Mut und großes Engagement erfordert. Die Freude bei allen Beteiligten ist jeden Einsatz wert…
Über den be your own hero e.V.
Für Kinder und Jugendliche, die weltweit durch HIV/Aids betroffen sind, wurde 2006 der gemeinnützige Verein be your own hero e.V. gegründet. Dabei ist „be your own hero“ gleichzeitig die Botschaft und das Ziel: Durch lokale und globale Aktionen macht der Verein auf das Thema HIV/Aids aufmerksam, gibt Hilfestellung bei Projekten und unterstützt Ideen vor Ort. Auf diese Weise erhalten junge Menschen in aller Welt die Chance, ihr eigener Held zu werden. Das Saarhome-Projekt ist nur eines von vielen Projekten, mit der Verein die ganze Region Underberg/Himeville unterstützt. Mehr Infos unter www.beyourownhero-ev.de
Almuth Czwikla, (*1983) ist Diplom Sozialwissenschaftlerin und geprüfte PR-Beraterin und arbeitet in der Unternehmenskommunikation eines großen Unternehmens. Im Jahr 2012 hat sie ehrenamtlich die Kommunikation für den Wolfsburger be your own hero e.V. übernommen.