Durch Yoga auf dem Weg der Liebe
Mich hat die reine Neugier zum Yoga geführt. In meiner Heimat, Mexiko, habe ich zum ersten Mal eine berühmte Schauspielerin, die Yoga praktizierte, von dieser jahrtausendealten Disziplin hinduistischen Ursprungs sprechen hören. Damals habe ich Yoga immer mit etwas Mystischem verbunden.
Viele Jahre hatte ich beruflich in der Medienbranche zu tun. Nach einer Zeit beim mexikanischen Fernsehen führte mich das Schicksal nach New York, wo ich 13 Jahre lebte. Für MTV Latino arbeitete ich als Übersetzerin und Sprecherin. Erst nachdem ich bei MTV gekündigt hatte, fand ich Zeit für meine ersten Yoga-Stunden.
Nach einem Jahr Yoga beschloss ich 1998, meine Praxis zu vertiefen und an einem Training in einem der bekanntesten New Yorker Aschrams teilzunehmen. Als solchen traditionellen Ort des spirituellen Rückzugs wählte ich das „Integral Hatha Yoga“. Im Gegensatz zu meinem Weg beim Fernsehen, liefen die Dinge beim Yoga für mich von Anfang an fließend. Schon eine Woche nach Beendigung der Ausbildung begann ich zu unterrichten. Für die Gefühle, die mich bei meiner ersten Stunde als Lehrerin überkamen, finde ich kaum Worte. Gut, vielleicht nicht viele Worte, aber eines doch: LIEBE.
Trotz meines großen Interesses an den Medien und diversen beruflichen Projekten, die ich in diesem Bereich in Angriff genommen habe, konnte ich nie zuvor eine solch große Liebe zu meiner Arbeit empfinden. Obwohl ich auch dort immer mit Leidenschaft bei der Sache war, muss ich zugeben, dass ich bei meiner Arbeit in der Medienbranche stets an mich selbst gedacht habe und an das, was ich erreichen wollte. Beim Yoga war und ist es genau umgekehrt: Es ging nie um mich, sondern vielmehr um die Menschen, die zu meinem Unterricht kommen. Mein Bewusstsein wird kaum von meinem Ego bestimmt; es ist geradezu, als würde das Ego beim Betreten des Yogaraums automatisch abgeschaltet und mein Bewusstsein auf jeden einzelnen meiner Schüler gelenkt, auf seine Bedürfnisse, das, was er mir durch seine Praxis mitteilt, und auf die Dynamik, die sich innerhalb einer jeden Gruppe entwickelt.
Genau das liebe ich am meisten an meiner Arbeit, sofern man überhaupt als Arbeit bezeichnen kann, was einem so viel Vergnügen bereitet. Es geht mir einzig und allein darum, meinen Schülern zu dienen und mit ihnen die uralte Praxis des Yoga und seine bedeutenden Lehren zu teilen. Sie gehören für mich zu den wirksamsten Mitteln, die uns heute zur Verfügung stehen, um unser Bewusstsein zu erweitern, uns selbst tatsächlich kennen zu lernen und sowohl auf physischer als auch auf mentaler und spiritueller Ebene ein erfülltes und gesünderes Leben zu führen.
Ich hatte das große Glück, von wirklichen Meistern zu lernen: Shri K Pattabhi Jois und Sharath Jois. Guriji Pattabhi Jois ist der Begründer des Ashtanga-Yoga-Systems, sein Enkel Sharath setzt das Werk des Großvaters nach dessen Tod fort. Ashtanga ist ein System von Abfolgen bestimmter Körperstellungen, Asanas, die in Verbindung mit der Atmung die Reinigung des Körpers fördern. Man unterscheidet sechs Schwierigkeitsgrade, wobei die schwierigen Abfolgen nur von wenigen Lehrern auf der Welt unterrichtet werden dürfen. Es ist für mich eine große Ehre, die einzige Frau in Mexiko zu sein, die von der Schule von Pattabhi und Sharath Jois im indischen Mysore autorisiert ist, die zweite Ashtanga-Serie zu unterrichten.
Mit der Absicht, die traditionelle Ashtanga-Lehre weiter zu verbreiten, habe ich das bis heute von mir geleitete Ashtanga Yoga Mexico Institute gegründet. Von hier aus hat sich ein großes Netzwerk für Yoga-Workshops, Kurse und Ideen- und Erfahrungsaustausch zwischen Menschen verschiedener Nationalitäten, Religionen, Altersgruppen und Berufe entwickelt, die das Interesse an der Yogapraxis teilen und diese als Werkzeug zur umfassenden Verbesserung ihrer Lebensqualität und ihres Umfelds verstehen. Abgesehen von den zahlreichen Wohltaten, die mir meine persönliche Praxis bereitet, hat mich das Ashtanga-Yoga zum Reisen gebracht: Ich habe meine Übungen mit Menschen in New York, Miami, Philadelphia, Texas, Frankfurt, Peru, Israel und natürlich in Mexiko geteilt.
Zum Abschluss möchte ich sagen, dass der Herzschmerz, der mich überkam, als ich bei MTV gekündigt habe, mich schließlich zu meiner größten Liebe geführt hat.
Olivia Martínez wurde am 05. Oktober 1969 in Mexiko-Stadt geboren. Inzwischen lebt sie in Saltillo im mexikanischen Bundesstaat Coahuila. Sie ist Yogalehrerin und leitet das Ashtanga Yoga México Institute (www.ashtangayogamexico.com).