Meine Ideen für eine bessere Welt

Ioana Navarrete Pellicer
Mexiko

Freund sein

In meiner Familie gibt es ein Sprichwort: Deine Eltern und deine Geschwister sind die Familie, in die du geboren wirst. Freunde sind die Familie, die wir wählen, um das Leben zu teilen.

Ich hatte immer nur ein paar Freunde, aber die sind enge Vertraute und begleiten mich schon über viele Jahre. Vor kurzem hat mir das Leben allerdings gezeigt, dass ich mehr Freunde habe als ich dachte.

Letztes Jahr wurde ich mit Brustkrebs diagnostiziert.* Mein Leben hat sich durch die Diagnose in ein paar Minuten dramatisch verändert – und für den Rest meines Lebens, durch die Liebe, die mir von Menschen entgegengebracht wurde.

Um durch eine schwierige Zeit wie diese zu kommen, brauchst du große Kraft. Dafür wendest du dich an deine Lieben, Familie und Freunde. Um Unterstützung zu bekommen, wenn du dich schwach fühlst, um lachen zu können, wenn du keine Kraft hast aufzustehen, um zu weinen, wenn du Angst hast, um die Momente des Friedens zu teilen, wenn du sie erreicht hast.

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Manchmal hat man das Glück, dass sich die Freunde vermehren, ohne dass man es erwartet. Der Barista, der deinen Kaffee macht, lächelt dich an – in dem kleinen Café im Park. Der Koch im Restaurant bereitet dir ein „gesünderes“ Omelette zu und der Kellner umarmt dich, wenn du zum Frühstück kommst. Die Krankenschwester erzählt dir von ihren privaten Hobbies, während sie die Chemo für dich vorbereitet. Die Akupunktur-Ärztin gibt dir ein altes Familienrezept. Der Masseur erklärt deinem Partner, wie er deinen Schmerz lindern kann. Der Freund, den du schon seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hast, setzt sich ins Flugzeug und überrascht dich mit einem Besuch … es gibt so viele Anekdoten, so viele Begegnungen, so viele Freunde!

Was hat mich das Leben im vergangenen Jahr gelehrt? Wir alle können der unerwartete Freund sein. Jeder kann das Leben eines anderen berühren. Mit einer Geste, einem Wort, einem Witz. Mit einer SMS, einer E-Mail oder einem Anruf. Mit einer Umarmung. Wir müssen nichts Großes zustandebringen, wir müssen nicht den Marathon laufen oder ein Vermögen anhäufen, um etwas zu geben. Wir können unsere Zeit schenken, unser Lächeln, unseren Atem, unsere Liebe und Solidarität für die Kranken, für die Traurigen. Für die, die Angst haben und sich verloren fühlen. Wir sollten jemandem helfen, seine Perspektive zu wechseln, humorvoll zu sein, für einen Moment vielleicht sogar seine Welt verändern.

* Hinweis: Brustkrebs ist die häufigste und auch die Hauptursache der Krebssterblichkeit bei Frauen weltweit. Früherkennung rettet Leben. http://www.worldwidebreastcancer.com/learn/breast-cancer-statistics-worldwide
http://www.who.int/cancer/detection/breastcancer/en/

Ioana Navarrete Pellice
Ich bin Mexikanerin und Weltbürgerin. Im Moment wohne ich in Boston, Massachusetts. 1996 wurde ich Mitarbeiterin im mexikanischen auswärtigen Dienst. In den folgenden 15 Jahren kämpfte ich für die Rechte von Mexikanern in den Vereinigten Staaten. Durch meine Arbeit bekam ich Einblick in die Situation der Migranten an der Grenze, im Südwesten, im Mittleren Westen und im Osten der Vereinigten Staaten in verschiedenen Phasen der Beziehung zwischen Mexiko und USA. Da ich in beiden Ländern Jura studiert habe und als Anwältin in Mexiko tätig war, beschäftige ich mich im Zusammenhang mit dem Thema Migration vor allem mit den Menschenrechten und deren Schutz.

In meiner Freizeit lese ich gerne, höre Musik – vor allem Rock und Punk – und ich liebe es, in guten Restaurants zu essen. Mit meinem besten Freund, meinem Mann. Zuhause verbringe ich gerne Zeit mit meinen Hunden Lucas und Sol.

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